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"Braune Wurzeln - Alte Nazis in den niedersächsischen Landtagsfraktionen von CDU, FDP und DP - zur NS-Vergangenheit von niedersächsischen Landtagsabgeordneten in der Nachkriegszeit"

31. Oktober 2008 , Geschrieben von Parents Veröffentlicht in #Historisches

"Braune Wurzeln - Alte Nazis in den niedersächsischen Landtagsfraktionen
von CDU, FDP und DP - zur NS-Vergangenheit von niedersächsischen
Landtagsabgeordneten in der Nachkriegszeit"

DIE LINKE stellt historische Broschüre vor: "Braune Wurzeln - Alte Nazis
in den niedersächsischen Landtagsfraktionen von CDU, FDP und DP - zur
NS-Vergangenheit von niedersächsischen Landtagsabgeordneten in der
Nachkriegszeit"



Hannover. Die Fraktion DIE LINKE im Niedersächsischen Landtag hat heute ihre
Broschüre "Braune Wurzeln - Alte Nazis in den niedersächsischen
Landtagsfraktionen von CDU, FDP und DP - zur NS-Vergangenheit von
niedersächsischen Landtagsabgeordneten in der Nachkriegszeit" vor
Journalisten in Hannover vorgestellt. Die Linksfraktion hatte den Oldenburger
Historiker Dr. Hans-Peter Klausch beauftragt, exemplarisch die seit 1947
gewählten Landtagsabgeordneten der konservativen Fraktionen hinsichtlich ihrer
NS-Vergangenheit zu überprüfen. Anlass war eine Aussage des parlamentarischen
Geschäftsführers der CDU-Fraktion, Dr. Bernd Althusmann, der während der
Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtages im Mai erklärt hatte:
"...Meine Damen und Herren, die CDU hat ihre geistigen und politischen
Wurzeln im christlich motivierten Widerstand gegen den Terror des
Nationalsozialismus. Das ist die Wahrheit."
(Protokoll S. 626).

"Wir wollen eine ehrliche Aufarbeitung der Geschichte des Landtages",
sagte Hans-Henning Adler, stellvertretender Vorsitzender der Linksfraktion.
Klauschs Untersuchungsergebnisse seien eindeutig; was der Historiker
herausgefunden habe, könne man ohne Übertreibung als Enthüllung bezeichnen.
Mindestens 71, wahrscheinlich eher mehr ehemalige Abgeordnete des
Niedersächsischen Landtages seien nicht nur Mitglieder der NSDAP gewesen, sie
hatten teilweise im Nazi-Staat auch herausgehobene Funktionen. "Nicht
wenige waren auch schon vor der Machtergreifung Hitlers Mitglied der NSDAP,
taten dies also aus Überzeugung, nicht etwa nur, um die Karriere zu
fördern", erklärte Adler. Besonders erschreckend sei, dass Mitglieder des
Niedersächsischen Landtages während ihrer Nazi-Zeit auch an der
Juden-Verfolgung beteiligt waren. Unter ihnen der spätere Landtagsabgeordnete
der CDU, Freiherr Otto von
Fircks. Am 31. Januar 1940 schrieb Fircks aus
Lodz/Litzmannstadt: "Mit der Evakuierung geht es dort sehr gut vorwärts.
Bis zum 12. Februar wird mit der Heraussetzung der Juden Schluß sein, dann
kommen die Polen an die Reihe."

Die Broschüre sei nicht einmal vollständig, betonte Adler. "Eine noch
gründlichere Aufarbeitung ist angezeigt, weil die Herausforderungen der
Gegenwart nur gemeistert werden können, wenn man auch die Vergangenheit im
Blick hat und bereit ist, aus den Lehren der Geschichte Konsequenzen zu
ziehen." Die Linksfraktion will nun einen Entschließungsantrag in den
Landtag einbringen, in dem die Bildung einer historischen Kommission gefordert
wird. Die Kommission soll das biografische Lexikon des Landtags überarbeiten,
erklärte Adler.

Zur Person: Dr. Hans-Peter Klausch ist ein in Oldenburg lebender Historiker,
dessen Forschungsschwerpunkt die NS-Zeit ist. Seine zahlreichen
Publikationen
behandeln die Straf- und Bewährungseinheiten der Wehrmacht und der Waffen-SS,
die jüdische Geschichte sowie das nationalsozialistische Lagersystem. Kauschs
jüngste Buchveröffentlichung ist "Tätergeschichten. Die SS-Kommandanten
der frühen Konzentrationslager im Emsland".

Vorwort
Ein anderes Beispiel ist der Landtagsabgeordnete Hermann Conrings aus Leer, der später sogar Bundestagsabgeordneter wurde. Während der Nazi-Zeit hatte er u.a. die Stellung des „Beauftragten des Reichskommissars für die besetzten niederländischen Gebiete für die Provinz Groningen“ inne. Damals schrieb er an seine Vorgesetzten: „Für die Provinz Groningen wäre es sehr wünschenswert, wenn die Juden möglichst bald aus der Nachbarschaft des Küstenplatzes Delfzijl, insbesondere also aus Appingedam und Winschoten usw. bevorzugt verschwänden.“
All dies hat bis heute nicht zu einer kritischen Aufarbeitung geführt. Dazu sind natürlich zuerst die Fraktionen aufgefordert, die es betrifft, es ist aber auch eine Angelegenheit des gesamten Landtages. In seiner Bücherei steht ein biographisches Lexikon über die Abgeordneten, in dem von alledem, was in der folgernden Darstellung zu lesen ist, nichts zu finden ist. Über keinen einzigen Abgeordneten steht unter seinen biographischen Angaben etwas über seine NSDAP-Mitgliedschaft.
Unsere Broschüre ist nicht einmal vollständig. Eine noch gründlichere Aufarbeitung ist angezeigt, weil die Herausforderungen der Gegenwart nur gemeistert werden können, wenn man auch die Vergangenheit im Blick hat und bereit ist, aus den Lehren der Geschichte Konsequenzen zu ziehen. Wir meinen damit z.B. die neonazistischen Aktivitäten in Niedersachsen, denen die Landesregierung nicht entschieden genug entgegentritt, oder die Weigerung des Innenministers Uwe Schünemann (CDU), sich auf den Innenministerkonferenz für ein Verbotsverfahren der NPD einzusetzen.
Aktuell unterbreitet unsere Fraktion den Vorschlag, eine aus Vertretern aller Fraktionen bestehende Landtagskommission zu bilden, die Formen entwickeln soll, wie die unrühmliche Vergangenheit bestimmter Landtagsabgeordneter in geeigneter Weise aufgearbeitet werden kann, und wie in diesem Zusammenhang das biographische Lexikon zu überarbeiten ist. Der Landtag täte gut daran, sich der Worte seines gegenwärtigen Präsidenten Hermannn Dinkla (CDU) zu erinnern, der anlässlich einer Feierstunde zum 60. Jahrestag der Gründung des Staates Israel in Anwesenheit des israelischen Botschafters Yoram Ben-Zeev am 18. September 2008 erklärt hatte:
„Unsere historische Verantwortung schließt aber auch ein, an das Grauen in den Konzentrationslagern zu erinnern, um auf diese Weise allen Versuchen von Geschichtsklitterung und Geschichtsverdrehung schon im Ansatz wirkungsvoll zu begegnen.“

Die Broschüre als PDF
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