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21.02.2009 / Eschede: »Doppelt hält besser« – Die JN in Niedersachsen

24. Februar 2009 , Geschrieben von Parents Veröffentlicht in #Kampf gegen Nazis - Norddeutschland

21.02.2009 / Eschede: »Doppelt hält besser« – Die JN in Niedersachsen      

 

Am vergangenen Samstag, den 21.02.2009, fand im niedersächsischen Eschede, ein Treffen der »Junge Nationaldemokraten« statt. Die Zusammenkunft auf dem landwirtschaftlichen Anwesen des NPD-Funktionärs Joachim Nahtz, verfolgte nach Eigenagaben der Veranstalter die Wiederbelebung der NPD-Jugendorganisation in Niedersachsen. Die derzeitigen Aktivitäten des JN-Landesverbandes werfen auch ein Licht auf organisatorische Umwälzungen und Streitigkeiten innerhalb der Neonaziszene in Niedersachsen. Nachdem bereits im Januar 2006 ein niedersächsischer JN-Landesverband um Daniel Fürstenberg gegründet wurde, schufen niedersächsische Neonazis im Dezember 2008 nun eine weitere JN-Landesvertretung. Die vom derzeitigen JN-Bundesverband unterstützte zweite JN-Struktur wird durch Dennis Bührig, Lasse Kröger und Florian Cordes, der bereits bis 2004 JN-Landesvorsitzender war, inhaltlich geprägt. Mit der Ausrufung Cordes zum Landesvorsitzenden existierten kurzfristig sogar zwei voneinander getrennt agierende Landesvorsitzende der NPD Jugendorganisation in Niedersachsen.

 

Das Neonazitreffen in Eschede besaß offiziellen Charakter. Mit Michael Schäfer, dem Bundesvorsitzenden der »Jungen Nationaldemokraten« hatte sich hoher Besuch angekündigt. Schäfer, der die Organisation seit Oktober 2007 leitet, gilt als politischer Hardliner. Unter seiner Führung radikalisierte sich die NPD Jugendorganisation zusehends. In einem Artikel der JN-Publikation »Der Aktivist« vom Januar 2009, bezeichnete der aus Sachsen-Anhalt stammende Bundesvorsitzende die Jugendorganisation als »Kampfgemeinschaft im vorpolitischen Raum«, als überregional agierende »Formation politischer Soldaten«. Schäfer endete mit den tief blickenden Worten »Heil Deutschland«. Auch am vergangenen Wochenende in Eschede ergriff Schäfer das Wort und forderte eine stärkere Vernetzung der bundesweiten JN-Strukturen.

Unterstützt wurde die Veranstaltung ausserdem von Mitgliedern der militanten Neonazigruppe »Kameradschaft Celle 73« und der »Nationalen Sozialisten Niedersachsen«. Dennis Bührig, Führungsaktivist parteiunabhängiger Neonazis aus dem Landkreis Celle, begrüßte in einem Redebeitrag das »Wiedererstarken der JN« und forderte von den anwesenden Aktivisten der »JN-Kampfgemeinschaft« ein verstärktes Engagement in der Jugendarbeit. Der 1981 geborene Neonazi mit der JN-Mitgliedsnummer 3143 betonte, es sei wichtig, »gerade die Jugend für unsere Weltanschauung zu sensibilisieren und zu radikalisieren.« Eine unmissverständliche Kostprobe dieser beschworenen Weltanschauung lieferte Bührig zuletzt im November 2006. Mit dem Kampfgeschrei »Wir machen euch kalt«, griffen rund 20 militante Neonazis zwei kurdische Jugendliche in der Innenstadt von Celle an. Die herbeigerufene Polizei musste Schlagstöcke und Tränengas einsetzen. Bührig wurde in einem anschließenden Gerichtsverfahren vor dem Amtsgericht Celle zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten auf Bewährung verurteilt.

 

Veranstalter der aktuellen JN-Zusammenkunft in Eschede war der neu gegründete JN-Landesverband um den in Delmenhorst wohnhaften Florian Cordes. Der Neonaziaktivist Cordes kann innerhalb der NPD-Jugendorganisation auf eine ebenso einschlägige wie auch langjährige Karriere zurückblicken. Bereits 1999 übernahm Cordes Funktionen im Landesvorstand der JN Niedersachsen. Ab 2001 bekleidete er dann das »Amt für Schulungen« und stieg schließlich zum Landesgeschäftsführer der Organisation auf. Das Konzept der sogenannten »JN-Schuloffensive«, welche in den Jahren 2004/2005 mit der Propagandazeitschrift »Der Rebell« bundesweit für Schlagzeilen sorgte, wurde maßgeblich von Cordes beeinflusst. Nach Bekanntwerden finanzieller Unregelmäßigkeiten und persönlichen Zerwürfnisse mit dem NPD-Landesvorstand trat Cordes jedoch im Jahre 2004 von seinen politischen Ämtern zurück, die JN Niedersachsen löste sich daraufhin auf.

 

Zwei Jahre später, im Januar 2006, wurde die niedersächsische JN wiederbelebt. Landesvorsitzender wurde der NPD-Aktivist Daniel Fürstenberg, der seine Partei auch als Abgeordneter im Gemeinderat von Dörverden vertritt. Fürstenberg ist wegen Körperverletzung und Bedrohung vorbestraft. Unter seinem Vorsitz gründeten sich in der Folgezeit regionale JN-Stützpunkte in Verden, Cloppenburg und Soltau-Fallingbostel. Doch schon bald entwickelte sich die politische Bilanz des neu gewählten JN-Landesvorsitzenden für die NPD-Jugendorganisation zu einem Desaster. Bereits wenige Monate nach Fürstenbergs Amtsantritt verzeichnete die rechtsradikale Gruppierung einen merklichen Mitgliederschwund. Angaben ehemaliger Mitglieder zufolge erlitt die JN Niedersachsen schließlich Mitte 2007 organisatorischen Schiffbruch und stand in der Folge vor dem finanziellen Kollaps.

 

Während Daniel Fürstenberg trotz parteiinterner Kritik, auf der Internetseite der NPD Verden weiterhin als Verantwortlicher des Landesverbandes Niedersachsen in Erscheinung tritt, gründete sich spätestens im Dezember 2008 unabhängig von den bereits bestehenden JN-Strukturen ein weiterer niedersächsischer JN-Landesverband. Dieser verkündete kurzerhand die Auflösung und Neugründung der »Jungen Nationaldemokraten« in Niedersachsen. Den Vorsitzend übernahm erneut der 2004 zurückgetretene JN-Funktionär Florian Cordes. Mit Lasse Krüger, der zum stellvertetenden Landesbeauftragten bestimmt wurde, gehört der Führungsspitze der neu begründeten JN-Niedersachsen auch ein Aktivist der neonazistischen Vereinsorganisation »Heimattreue Deutsche Jugend e.V.« (HDJ) an. Die HDJ sorgte zuletzt im November 2008 für Negativschlagzeilen. In Zuge einer bundesweiten Razzia wurden die Wohn- und Geschäftsräume von rund 100 Mitgliedern und Aktivist_innen durchsucht. Die Organisation steht im Verdacht, sogenannte »Rasseschulungen« mit zum Teil minderjährigen Teilnehmer_innen durchgeführt zu haben. Das Bundesinnenministerium prüft derzeitig ein Verbot der neonazistischen Gruppierung.

 

Nachdem sich bereits im November 2008 in Delmenhorst und einen Monat später in Lüneburg regionale JN-Stützpunkte gegründet hatten, wurde mit der Veranstaltung in Eschede vom vergangenen Wochenende nun die Neubestimmung des niedersächsischen JN-Landesverbandes in Angriff genommen. Das Treffen mit rund 50 angereisten Neonazis fand im Gegensatz zu vorangegangenen JN Veranstaltungen in Eschede ohne nennenswerte Zwischenfälle statt. Bereits im Dezember 2001 sollte hier die Gründung eines »JN-Stützpunktes« in Eschede stattfinden. Doch dazu kam es nicht. Einsatzkräfte der Polizei stürmten das Anwesen und beendeten die Feierlichkeiten. Inwieweit die neuerlichen Aktivitäten der JN-Niedersachsen eine politische Außenwirkung entfalten können, bleibt abzuwarten. Ein Führungsstreit scheint hingegen vorprogrammiert. Mit den getrennt agierenden JN-Strukturen um die jeweiligen Landesvorsitzenden Daniel Fürstenberg und Florian Cordes existierten zeitweilig zwei voneinander unabhängige JN-Landesvostände in Niedersachsen. Der niedersächsische Verfassungsschutz hingegen zeigt sich von der Entwicklung überrascht. Die Behörde gibt an, in Niedersachsen exestiere derzeitig kein JN-Landesvorsitzender -geschweige denn zwei.

Die »Jungen Nationaldemokraten« (JN) während eines Neonaziaufmarsches am 27.12.2008 in Salzwedel
Die »Jungen Nationaldemokraten« (JN) während eines Neonaziaufmarsches am 27.12.2008 in Salzwedel
 
Quelle: Recherche Nord
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